Tour de Tirol, Söll, Pölventrail

Im zweiten Teil unseres Raceberichts zur Tour de Tirol berichten wir, wie es uns an Tag 3 der Tour de Tirol beim Pölventrail ergangen ist. Außerdem ziehen wir unser ganz persönlich Fazit zur Tour de Tirol und geben Dir Tipps für dieses Event.

Alles eine Frage der Regeneration?

In Teil 1 unseres Blogposts zur Tour de Tirol haben wir bereits ausführlich berichtet, wie wir den Kaisermarathon erlebt haben. Im Unterschied zu den “normalen” 1-Tages-Rennen, nach denen wir gerne einfach das machen, wonach uns ist, hieß es für uns nach dem Kaisermarathon gleich wieder den Fokus auf Tag 3 der Tour de Tirol zu legen. Was gar nicht so einfach war. Denn körperlich, als auch mental, hatte uns der Kaisermarathon sehr viel abverlangt. Wie sollten wir da innerhalb weniger Stunden ausreichend regenerieren, so dass wir auch den Pölventrail noch erfolgreich absolvieren konnten?

Zum Abendessen trafen wir uns mit Astrid und ihrem Mann. Bei Pasta, Schnitzel und Kartoffeln ließen wir den Tag gemeinsam Revue passieren. Danach ging es zurück in die Ferienwohnung. Ein bisschen Blackroll und Dehnung musste natürlich noch sein, auf der Couch noch die Strecke des bevorstehenden Pölventrails studieren und dann waren wir auch schon hundemüde, um zeitig ins Bett zu fallen. Ausreichend Schlaf soll ja bekanntlich förderlich für eine gute Regeneration sein.

Der Morgen danach =  Racemorgen

Kennt Ihr das Lied “Komplett im Arsch” von Feine Sahne Fischfilet? Das beschreibt ganz gut meinen Zustand am Racemorgen des Pölventrails. Die Zwangspause im Sommer und die bewusst fehlende Vorbereitung auf die Tour de Tirol spürte ich jetzt. Meine Beine waren bretthart und mein Körper müde. Entsprechend war es auch gar nicht so einfach im Kopf den Schalter auf “Racemode” zu setzen.

Aber ich wollte jetzt unbedingt die für mich überraschende Leistung des Vortages beim Kaisermarathon mit dem Tour de Tirol Finish belohnen. Also ging es für uns wie auch in den letzten beiden Tagen zum Start nach Söll. Offiziell 23km und 1240 Höhenmeter (am Ende waren es auf unseren Uhren gut 24km und etwas über 1300 Höhenmeter) mussten auf teils sehr trailigem Gelände absolviert werden.

Pölventrail (24km, 1300 Höhenmeter)

Wie auch an den beiden Vortagen trafen wir Astrid, Kerstin und Gunnar im Starterzelt. Wir redeten uns noch Mut zu für die letzte Etappe und dann ging es auch schon in den Startbereich. Los ging’s auf die letzten 24 der insgesamt 75 Kilometer der Tour de Tirol. Und schon die ersten Laufschritte zeigten mir, dass es heute verdammt hart werden würde. Meine Oberschenkel waren alles andere als bereit für diesen Traillauf. Also ließ ich es von Anfang an langsam angehen. Schon bei der ersten längeren Steigung fiel ich in den Wandermodus. Die Cutoff-Zeiten des Tages hatte ich natürlich wieder im Kopf und wusste, dass ich nicht zu sehr trödeln durfte. Aber ich wusste eben auch, dass es mir nichts bringen würde, zwanghaft zu Beginn aufs Gas zu treten, wenn ich dieses Rennen finishen wollte.

Die Strecke war im Gegensatz zu den beiden Vortages-Rennen eine echte Trailstrecke. Wir verließen den Asphalt nach nur einem Kilometer und der erste Singletrail ließ nicht lange auf sich warten. Flach war das ein Träumchen für mich an diesem Tag. Sobald es jedoch hoch oder runter ging, meckerten meine müden Beine doch gewaltig. Schon nach ca. 4km ging es den ersten steilen Trailaufstieg hinauf. Und hier verfluchte ich meine Beine. Denn die steilen Anstiege waren es, die mich heute noch mehrfach an meine Grenzen bringen sollten. Beim Aufstieg begegnete mir ein Läufer, der am Vortag beim Kaisermarathon die letzten 7km hoch zur Hohen Salve mit uns zusammen gelaufen war. Er fragte mich, ob ich mich vom Vortag erholt hätte. Meine ehrliche Antwort: Nein, überhaupt nicht. Seine aufmunternd gemeinten Worte: “Mach den Anstieg hier in Ruhe, es wird später noch steiler” ließen mich innerlich verzweifeln. Noch steiler? Wenn ich schon nach 4km nicht den Berg hoch kam, wie sollte ich dann später noch steilere Anstiege meistern?

Carsten bekam von alledem nichts mit, denn er war deutlich schneller als ich im Anstieg. Trotzdem wollte er auch heute wieder bei mir bleiben. Wir hatten uns zum Jahresende 2017 vorgenommen, die Tour de Tirol gemeinsam zu finishen. Und daran hielt Carsten auch jetzt fest, obwohl ich im Vorfeld das nötige Training nicht absolvieren konnte. Also wartete Carsten immer wieder geduldig auf mich, motivierte mich und reichte mir ein ums andere Mal bei den ganz steilen Anstiegen die Hand. Auch wenn ich verzweifelte ob des nächsten steilen Anstieges – Carsten beruhigte mich und redete mir gut zu. Was soll ich sagen? Ohne ihn hätte ich den Pölventrail nie und nimmer überstanden. Ich hatte durch die Vorbelastung des Kaisermarathons wirklich mein absolutes körperliches, als auch mentales Limit erreicht. Mit Carstens Hilfe habe ich es erst beim Kaisermarathon und dann auch noch beim Pölventrail geschafft, meine Grenzen deutlich zu verschieben. Aber zu letzterem kommen wir jetzt.

Nach dem ersten schweren Aufstieg ging es ab Kilometer 5 bergab und dann wellig weiter. Auch hier gab es immer wieder kleine Spitzen im Anstieg, diese waren aber relativ kurz und so für mich noch zu meistern. Wir konzentrierten uns auf den einzigen Cut-Off auf der Strecke. Dieser sollte bei 2:30 Stunden nach 13km liegen. Allerdings ahnten wir schon anhand der Kilometerschilder, die ab und an auf der Strecke zu finden waren, dass der Cut-Off wie bereits am Vortag beim Kaisermarathon deutlich später, als offiziell angegeben, kommen würde. Trotz eines fetten Zeitpolsters fühlte ich mich daher nicht sicher. Ich wollte endlich diesen blöden Cut-Off-Punkt durchlaufen, um mir auch den letzten Druck zu nehmen. Denn dann gab es nur noch den Ziel-Cut-Off.

Nach ca. 14,2km durchliefen wir den Cut-Off in einer Zeit von 2:13 Stunden. Das war also auch geschafft. Carsten und ich klatschten uns ab, denn wir wussten – der nächste große Schritt zum Finish der Tour de Tirol war geschafft. Das sollte jedoch nicht heißen, dass die noch ausstehenden 10 Kilometer ein Kinderspiel würden. Ganz im Gegenteil. Denn der richtig lange, harte Anstieg sollte jetzt erst kommen.

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Und es wurde nochmal richtig brutal für mich. Wie bereits erwähnt, ich war schon zu Beginn des Pölventrails durch die Vorbelastung an meinem Limit angelangt. Doch nun galt es einen gefühlt nicht endenden Anstieg bis zum sogenannten Juffinger Jöchl hochzukraxeln. Fies am Anstieg war, dass wir immer wieder sehr steile, trailige Abschnitte hochwandern mussten. Diese trieben mich zur Verzweiflung. Denn die Kraft in den Oberschenkeln für diese “Kletterpartien” hatte ich nicht mehr. Ein ums andere Mal schrie ich meine Verzweiflung hinaus. Jeder Schritt war hier die reinste Tortur für mich. Und hier leistete Carsten unglaubliche Schützenhilfe. Er half mir immer wieder bei den steilen Abschnitten, indem er mir die Hand reichte und mich ein kleines Stück hochzog. Und natürlich baute er mich mental immer wieder auf. Wirklich wundervoll, was er nicht nur selbst, sondern auch für mich leistete.

Für den Aufstieg zum höchsten Punkt des Pölventrails, den bereits genannten Juffinger Jöchl dauerte es wirklich eine halbe Ewigkeit. Ich würde mich nicht wundern, wenn ich an diesem Tag die langsamste in diesem Teilabschnitt war. Für mich ging es nur darum, irgendwie hochzukommen. Als wir endlich oben ankamen und dort oben fantastisch von einigen Helfer*innen angefeuert wurden, spürte ich nur die geballte Erleichterung. Diese sollte nicht lange anhalten, denn trotz allem folgten auch im folgenden Downhill immer wieder kurze, steile Bergaufpassagen. Aber jetzt war ich soweit gekommen, jetzt wollte ich es auch noch bis ins Ziel schaffen.

Der Downhill hatte es nochmal richtig in sich. Auf den teilweise sehr wurzeligen und sehr steilen Bergabpassagen war nochmal höchste Konzentration gefordert. Als wir schließlich wieder auf Asphalt stießen wusste ich, es ist bald geschafft. Wir mussten noch ca. 1,5km auf einfachem Gelände hinunter bis nach Söll laufen. Meine Erleichterung und Freude war riesig. Ich schrie bereits einen Kilometer vor dem Ziel die Freude aus mir heraus. Carsten schaute mich völlig verdutzt an. Ich sagte nur: Gleich haben wir es geschafft!

Hand in Hand liefen wir über die Ziellinie. Was für ein Gefühl! Das war einer der schwersten Läufe meines bisherigen Läuferlebens.

Im Ziel trafen wir Astrid und ihren Mann, die uns zujubelten. Auch Kerstin und Gunnar saßen schon gemütlich bei leckerem Apfelstrudel im Zielverpflegungsbereich. Gemeinsam vefolgten wir dann später auch die Siegerehrung, an deren Ende wir alle stolz unsere Tour de Tirol Gesamtstarter-Finishermedaille entgegen namen.

Unser Fazit zur Tour de Tirol: Eine tolle Veranstaltung

Unser Fazit zur Tour de Tirol fällt durchweg positiv aus. Die Tour ist eine tolle Veranstaltung in einer traumhaften Umgebung. Als Läufer*in bekommt man alles geboten: Am ersten Tag wird fast ausschließlich auf Asphalt, dafür aber trotzdem mit ein paar Höhenmetern gelaufen. Der Kaisermarathon an Tag 2 bietet viele positive Höhenmeter und fantastische Aussichten. Und schließlich zeigt der Pölventrail am Abschlusstag, was einen wunderbaren Trail ausmacht.

Die Herausforderung eines 3-Tages-Rennen ist ein besonderer Reiz für alle, die schon langstrecken-, Höhenmeter- und trailerfahren sind. Natürlich bietet ein solches 3-Tages-Rennen auch eine besondere Atmosphäre unter den Läufer*innen. Und wer sich noch nicht die gesamte Tour de Tirol zutraut, kann als Einzelstarter*in bei einem (oder zwei) der 3 Rennen an den Start gehen. Das wäre auch unser Tipp für Dich, falls Du Dir noch unsicher bist, ob die gesamte Tour de Tirol noch zuviel für Dich ist.

Ausgezahlt hat sich für uns außerdem, dass wir für die Zeit der Tour de Tirol in einer Ferienwohnung untergekommen sind. So hatten wir viel Platz, um uns mit all unseren Klamotten für 3 Tage auszubreiten, uns zurückzuziehen, unkompliziert Essen und Verpflegung jeglicher Art zu lagern und für uns zu kochen. Was haben wir uns auf die Leckereien am Abend gefreut, die für Körper und Geist so wichtig waren, um am nächsten Tag möglichst frisch an der Startlinie zu stehen!

Wir möchten definitiv niemandem empfehlen, zur Tour de Tirol zu fahren, ohne ausreichendes Höhenmetertraining. Wir haben uns der Umstände wegen bewusst dazu entschlossen, wären aber auch ohne Reue aus dem Rennen ausgeschieden, wenn es nicht mehr gegangen wäre. Und wir haben sehr viel Erfahrung bei Extrembelastungen, dass wir uns am Ende ein solches Unterfangen zutrauten. Bei unserem nächsten Start bei der Tour de Tirol werden wir aber ganz sicher mehr Höhenmeter in der Vorbereitung in die Beine gebracht haben.


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Damit haben wir auch schon verraten, dass wir sicherlich nochmal zur Tour de Tirol zurückkehren werden. Sicherlich nicht im nächsten Jahr. Da sehen unsere Planungen schon anders aus und es gibt noch so viele Wettkämpfe, die wir noch neu erleben möchten. Aber wir werden zurückkommen. Irgendwann. Und dann in einer Form, in der wir die Tour de Tirol vollends genießen können!

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